Bearbeiten von „Gôgen“
Aus TUEpedia
Die Bearbeitung kann rückgängig gemacht werden. Bitte prüfe den Vergleich unten, um sicherzustellen, dass du dies tun möchtest, und veröffentliche dann unten deine Änderungen, um die Bearbeitung rückgängig zu machen.
Aktuelle Version | Dein Text | ||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
[[Datei:Gog.gif| | [[Datei:Gog.gif|thumb|right|300px|Gôg <ref>Dieser Gôg trägt die typische Tübinger Tracht. Sein Arbeitsgerät war die "Reuthaue" (reuten=roden) und das "Reff", eine aus Weiden geflochtene leichte Kiepe, mit der man Werkzeug und Vesper in den Wengert trug. Quelle: [http://www.kartoplan.de/gog.html Tübinger Souvenirs].</ref>]] | ||
'''Gôgen''' oder '''[[Raupen]]''' sind die in der Tübinger [[Unterstadt]] ansässigen Weingärtner,<ref name="Biastoch">Martin Biastoch: [http://books.google.de/books?id=A8Te_sZe4xUC&lpg=PA180&dq=Martin%20Biastoch%20umgangssprachlich%20gogen&hl=en&pg=PA180#v=onepage&q&f=false Tübinger Studenten im Kaiserreich.] Franz Steiner Verlag, 1996, Seiten 180 und 183.</ref> die vor allem durch die derben [[Gôgen-Witze]] bekannt wurden. Eine für ''Reingeschmeckte'', d.h. nicht-Tübinger, hilfreiche Einführung findet sich auf Wikipedia: [http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B4g Gôg] | '''Gôgen''' oder '''[[Raupen]]''' sind die in der Tübinger [[Unterstadt]] ansässigen Weingärtner,<ref name="Biastoch">Martin Biastoch: [http://books.google.de/books?id=A8Te_sZe4xUC&lpg=PA180&dq=Martin%20Biastoch%20umgangssprachlich%20gogen&hl=en&pg=PA180#v=onepage&q&f=false Tübinger Studenten im Kaiserreich.] Franz Steiner Verlag, 1996, Seiten 180 und 183.</ref> die vor allem durch die derben [[Gôgen-Witze]] bekannt wurden. Eine für ''Reingeschmeckte'', d.h. nicht-Tübinger, hilfreiche Einführung findet sich auf Wikipedia: [http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B4g Gôg] | ||
Zeile 10: | Zeile 9: | ||
== Dialekt == | == Dialekt == | ||
[[Datei:Am kleinen Ämmerle.jpg| | [[Datei:Am kleinen Ämmerle.jpg|thumb|right|300px|Am kleinen Ämmerle: Im Vordergrund unterhält sich der ''Gôg'' Ernst Kürner mit der Zeitungsausträgerin Anna Haug.<ref>[http://web.archive.org/web/20020922042640/www.cityinfonetz.de/tagblatt/archiv/altbilder/aemmerle.phtml Das waren noch Zeiten ... als die Tübinger Unterstadt (Gogei) ihren eigenen Abwasserkanal hatte.] Alte Ansichten aus dem Kreis Tübingen. Schwäbisches Tagblatt.</ref>]] | ||
Der Dialekt der „Gôgen“ unterscheidet sich wesentlich von dem der Bewohner der [[Oberstadt]]. Das Wort „Gôgen“ wird mit einem offenem o ausgesprochen, also mehr zum a hin als zum o, aber auch wieder nicht wie Gagen, sondern wie Gôgen. Um Aussprachefehlern vorzubeugen, gab uns [[Heinz-Eugen Schramm]] den folgenden [[Gôgen-Witze|Gôgen-Witz]] mit auf den Weg: | Der Dialekt der „Gôgen“ unterscheidet sich wesentlich von dem der Bewohner der [[Oberstadt]]. Das Wort „Gôgen“ wird mit einem offenem o ausgesprochen, also mehr zum a hin als zum o, aber auch wieder nicht wie Gagen, sondern wie Gôgen. Um Aussprachefehlern vorzubeugen, gab uns [[Heinz-Eugen Schramm]] den folgenden [[Gôgen-Witze|Gôgen-Witz]] mit auf den Weg: | ||
Zeile 32: | Zeile 31: | ||
* Geht der Begriff auf altschwäbische Begriffe für große Menschen zurück? Das Schwäbische Wörterbuch von [[Hermann Fischer]] (Band 3, [[1911]]) erwähnt, daß es einige dialektale Ausdrücke gebe, an die Gog bzw. Gage plausibel anzuschließen sei. So sind bei Fischer schwäbisch "Gagei" (ungewöhnlich großer Mensch) und "Gagel" (langer, magerer Mensch) belegt, die Adjektive gagig und gagisch bedeuten 'ungeschlacht, ästig, stumpf' bzw. 'unbeholfen'. <ref name="GfdS">[http://www.gfds.de/sprachberatung/fragen-und-antworten/uebersichtsseite/gog-goge/ Gesellschaft für deutsche Sprache]</ref> | * Geht der Begriff auf altschwäbische Begriffe für große Menschen zurück? Das Schwäbische Wörterbuch von [[Hermann Fischer]] (Band 3, [[1911]]) erwähnt, daß es einige dialektale Ausdrücke gebe, an die Gog bzw. Gage plausibel anzuschließen sei. So sind bei Fischer schwäbisch "Gagei" (ungewöhnlich großer Mensch) und "Gagel" (langer, magerer Mensch) belegt, die Adjektive gagig und gagisch bedeuten 'ungeschlacht, ästig, stumpf' bzw. 'unbeholfen'. <ref name="GfdS">[http://www.gfds.de/sprachberatung/fragen-und-antworten/uebersichtsseite/gog-goge/ Gesellschaft für deutsche Sprache]</ref> | ||
* Hängt es mit der auf dem Rücken getragenen Kiepe der Weingärtner zusammen? Eine Erklärung ließe sich über das Verb gauklen herstellen, das im Schwäbischen laut Fischer ›etwas auf dem Rücken, auf den Schultern tragen‹ bedeutet; auch im Bairischen kommt gogkeln im Sinne von ›etwas auf dem Rücken tragen‹ vor (so das Bayerische Wörterbuch von J. A. Schmeller, 1872–1877). Ließe sich hier nicht an die Winzer, die Weingärtner denken, die bei der Weinlese die Trauben in der Kiepe schultern?<ref name="GfdS" /> | |||
* Hängt es mit | |||
* Oder beschreibt es einfach die unverständlichen Kehllaute der Unterstädtler? Das inzwischen nicht mehr gebräuchliche Pfäffingerische Wort 'gâgen' wurde zum Beispiel für das Quaken der Frösche verwendet und meint auch hin und her schwanken. | * Oder beschreibt es einfach die unverständlichen Kehllaute der Unterstädtler? Das inzwischen nicht mehr gebräuchliche Pfäffingerische Wort 'gâgen' wurde zum Beispiel für das Quaken der Frösche verwendet und meint auch hin und her schwanken. | ||
Zeile 56: | Zeile 45: | ||
==Hermann Hesse über die Gôgerei== | ==Hermann Hesse über die Gôgerei== | ||
[[Hermann Hesse]] wohnte während seiner Buchhändlerlehre in der [[Herrenberger Straße]] 28 und musste von dort täglich durch die Gôgerei zum [[Antiquariat Heckenhauer]] laufen. Er schrieb darüber: "´Von außen, besonders von meiner Straße aus, bietet die buckelige, altertümliche Stadt mit Schloss und Stiftskirche überhaupt einen reizenden Anblick, innen ist's eng und duster und jetzt beim Regen ist in mehreren Straßen, durch die ich gehen muss, ein Kot [...]. Als ich heute in der Gägerei unvermutet in zolltiefen, schlammigen Kot geriet und erschreckt zurückprallte, rief mir ein alter [[Raupen|Raupe]] zu: 'No zua, Herr, no zua, ma muss da Dreck ett schpara!' Diese Raupen (alias Gägen) sind ein horribles Geschlecht, schmutzig und vierschrötig, und gegenwärtig voll neuen Weins. Ihr Schwäbisch ist echt und faustdick und gemahnt ans Slowakische. Mein Weg führt gerade durchs ärgste Räuberviertel, und ich betrachte, je nachdem, mit Lachen oder Mitleiden die versoffenen Männer, die magern, schlampigen Weiber und die schmutzigen, frechen Kinder. Doch scheint es ein gesunder | [[Hermann Hesse]] wohnte während seiner Buchhändlerlehre in der [[Herrenberger Straße]] 28 und musste von dort täglich durch die Gôgerei zum [[Antiquariat Heckenhauer]] laufen. Er schrieb darüber: "´Von außen, besonders von meiner Straße aus, bietet die buckelige, altertümliche Stadt mit Schloss und Stiftskirche überhaupt einen reizenden Anblick, innen ist's eng und duster und jetzt beim Regen ist in mehreren Straßen, durch die ich gehen muss, ein Kot [...]. Als ich heute in der Gägerei unvermutet in zolltiefen, schlammigen Kot geriet und erschreckt zurückprallte, rief mir ein alter [[Raupen|Raupe]] zu: 'No zua, Herr, no zua, ma muss da Dreck ett schpara!' Diese Raupen (alias Gägen) sind ein horribles Geschlecht, schmutzig und vierschrötig, und gegenwärtig voll neuen Weins. Ihr Schwäbisch ist echt und faustdick und gemahnt ans Slowakische. Mein Weg führt gerade durchs ärgste Räuberviertel, und ich betrachte, je nachdem, mit Lachen oder Mitleiden die versoffenen Männer, die magern, schlampigen Weiber und die schmutzigen, frechen Kinder. Doch scheint es ein gesunder Sclag zu sein."<ref> Wilfried Setzler: ''Hesse in Tübingen.'' Silberburg Verlag, Tübingen, 2002.</ref> | ||
== Hinweis des Verkehrsvereins == | == Hinweis des Verkehrsvereins == | ||
Zeile 71: | Zeile 54: | ||
== Berühmte Gôgen == | == Berühmte Gôgen == | ||
Die Namen vieler Gôgen sind schriftlich nicht überliefert. Einige Gôgen waren aber stadtbekannt: | Die Namen vieler Gôgen sind schriftlich nicht überliefert. Einige Gôgen waren aber stadtbekannt: | ||
* [[August Kehrer]] | * [[August Kehrer]] | ||
* [[Zacharias Krauß]] | * [[Zacharias Krauß]] | ||
* [[August Waiblinger]] | * [[August Waiblinger]] | ||
* Gottlieb Hepper war ein dichtender | * Gottlieb Hepper war ein dichtender Kutscher der gerne zu den [[Kneipen]] der Studentenverbindungen eingaladen wurde.<ref name="Biastoch" /> | ||
* [[Christian Späth]] | * [[Christian Späth]] | ||
* [http://www.stuttgardia.info/geschichte/gruendung-und-entwicklung-bis-1894/erster-gesellschaftsdiener-war-der-gog-karl-zeiher/ Karl Zeiher], Erster Gesellschaftsdiener der akademischen Gesellschaft [[Stuttgardia]]. | * [http://www.stuttgardia.info/geschichte/gruendung-und-entwicklung-bis-1894/erster-gesellschaftsdiener-war-der-gog-karl-zeiher/ Karl Zeiher], Erster Gesellschaftsdiener der akademischen Gesellschaft [[Stuttgardia]]. | ||
Zeile 90: | Zeile 69: | ||
[[Kategorie:Gôgen|!]] | [[Kategorie:Gôgen|!]] | ||