Geschichte
Chronologie
Vor- und Frühgeschichte, Antike
- Hauptartikel: Vor- und Frühgeschichte von Tübingen
- um ca. 12.000 v. Chr. – Mittelsteinzeit: Früheste Spuren vorgeschichtlicher Besiedlung in und um Tübingen. Vereinzelte Artefakte auf dem Spitzberg.
- seit ca. 4000 v Chr. – Einzelfunde aus der Jungsteinzeit auf dem Spitzberg. Bandkeramische Siedlungsreste östlich des Ammerhofs. Stelen in Kilchberg.
- 2000-800 v. Chr. – Menhir von Weilheim. Fund eines Randleistenbeils unterhalb des Stauwehrs im Neckar. Brandgrab in der Südstadt, Funde im Geigerle und Burgholz.
- 800-500 v. Chr. – Aus der Hallstattzeit belegen mehrere Grabhügelfelder-Siedlungen im heutigen Stadtgebiet: Hallstattstraße, Waldhäuser-Ost, Lustnau, Keltengrab in Kilchberg.
- um 85 n. Chr. – Errichtung des Neckar-Limes durch die Römer. Die Römerstraße Rottenburg-Köngen zieht auf dem linken Ammerufer durchs heutige Stadtgebiet.
Mittelalter
- um 600 n. Chr. – Erste Siedlungsspuren der Alemannen (Münzgasse)
- 7. Jahrhundert – Erste Kirchen in Lustnau (vermutet) und Derendingen (nachgewiesen)
- 11. Jahrhundert – Erster Vorgängerbau der Stiftskirche (romanische Basilika)
- um 1037 – In dieser Zeit vermutlich Bau der ersten Burg Hohentübingen
- 1078 – Erste urkundliche Erwähnung der Burg Hohentübingen im Zusammenhang mit der vergeblichen Belagerung von „castrum twingia“ (= Zwingburg) durch König Heinrich IV..
Von einer ländlichen Vorgänger-Siedlung ist auszugehen, die im Bereich des hochflutsicheren Sattels zwischen Schloss- und Österberg zu verorten ist. Darauf gibt allein schon der Ortsname den Hinweis: der Name des Ortsgründers Tuwo in der Vorsilbe und die Namensendung auf -ingen deutet auf Gründung während der Völkerwanderungszeit hin (die Namensherkunft ist umstritten - vgl. Ortsnamen). Die erste Siedlung, das "Dorf", wird beim und nördlich vom Holzmarkt vermutet, von wo aus sie in Richtung Unterstadt wuchs. Die Oberstadt entstand erst später als Erweiterung der Burgmannensiedlung unterhalb der Burg.
- um 1081/1087 – Die Brüder Hugo und Heinrich nennen sich von nun an Grafen von Tübingen nach dem Ort und der Burg Tübingen.
- 1146 – Die Grafschaft Tübingen wird zur Pfalzgrafschaft erhoben.
- um 1150 – Von nun an mehren sich Belege, dass der "Tübinger Pfennig" im Herrschaftsbereich der Grafen im Umlauf war.
- 1175 – Nachweis eines ersten Ammerkanals, der heutige Verlauf besteht seit 1455/1493.
- 1180 – Ein Siegel des Pfalzgrafen Hugo zeigt die dreilatzige Gerichts- und Lehensfahne, die das Wappen der Stadt wird.
- 1191 – Erstes Auftreten von Kaufleuten. Beweise für einen Marktplatz.
- 1231 – Erste Erwähnung von Stadtrechten
- 1262 – Von Papst Alexander IV. wird ein Augustiner-Eremitenkloster gegründet. Die Stadtmauer wird erstmals in einer Urkunde erwähnt.
- 1272 – Mit einem Franziskanerkloster wird das zweite Kloster in Tübingen mit Unterstützung vom Pfalzgrafen Heinrich von Tübingen gegründet.
- 1280 – Stadtbrand, bei dem ungefähr 150 Häuser abbrennen
- 1342 – Die verarmten Pfalzgrafen von Tübingen [1] verkaufen Burg und Stadt an die Grafen von Württemberg. Die Stadt wird bald Sitz eines Amtes.
- 1388 – Aufzeichnung des Stadtrechts
- 1476 – Mit Verlegung des Sindelfinger Martinsstiftes nach Tübingen wird ein Kollegiatstift gegründet, welches die wirtschaftlichen und personellen Voraussetzungen für die Gründung einer Universität bietet. Die Pfarrkirche St. Georg wird zur Stiftskirche.
- 1477 – Gründung der Eberhard-Karls-Universität durch Graf Eberhard im Bart
Frühe Neuzeit
- Unter Herzog Ulrich von Württemberg (reg. 1498–1519 und 1534–1550) Ausbau des Schlosses zur Landesfestung.
- 1512-18 – Philipp Melanchthon studiert und lehrt an der Burse.
- 1514 – Tübinger Vertrag
- 1534/35 – Mit der Einführung der Reformation endet die Geschichte der Klöster der Stadt.
- 1535 – Leonhart Fuchs nimmt einen Ruf an die Universität an.
- 1536 – Das Evangelische Stift Tübingen wird von Herzog Ulrich von Württemberg als Stipendium für evangelische Theologiestudenten gegründet, 1547 zieht es ins ehemalige Augustinereremitenkloster ein.
- 1588-92 – Errichtung eines Renaissance-Baus für das 1559 gegründete Collegium illustre, ab 1817 katholisches Wilhelmsstift, an der Stelle des ehemaligen Franziskanerklosters
- 1589 – Johannes Kepler beginnt sein Studium in Tübingen und bleibt bis 1594.
- 1618-48 – Dreißigjähriger Krieg
- 1622 bis 1625 – Nach der Schlacht bei Wimpfen (6. Mai) besetzt die Katholische Liga das evangelische Herzogtum Württemberg.
- 1623 – Wilhelm Schickard erfindet die erste mechanische Rechenmaschine der Welt.
- 1629 – Das Restitutionsedikt tritt in Kraft.
- 1631 – „Kirschenkrieg“ (28. Juni bis 11. Juli)
- 1634 – (September) Kommandant Johann Georg von Tübingen übergibt das von 70 Bürgern besetzte Schloss Hohentübingen an die Kaiserlichen. Tübingen anschließend meist von bayerischen Truppen besetzt.
- 1635 und 1636 – Großes Sterben durch Seuchen (1485 Menschen in der Stadt allein)
- 1638 – Die Schwedische Armee in Tübingen
- 1647 – Belagerung von Schloss Hohentübingen durch die Franzosen. Am 14. März wird der Südostturm mit Hilfe einer Mine gesprengt. Die bayerische Besatzung gibt auf und erhält ehrenvollen Abzug. Franzosen in Tübingen bis 1649.
- 1688 – Johann Osiander rettet die Stadt vor Plünderung und Einäscherung durch die Franzosen.
- 1694 – Rudolf Jacob Camerer (Camerarius) macht Entdeckungen zur Geschlechtlichkeit der Pflanzen.
- 1750-52 – Christoph Martin Wieland studiert und wird zum Dichter.
- 1752 – Erstes astronomisches Observatorium auf dem Nordostturm des Schlosses
- 1788 – Georg W. F. Hegel und Friedrich Hölderlin sowie 1790 Friedrich Schelling beginnen ihr Theologiestudium am Evangelischen Stift.
- 1789 – Ein Stadtbrand vernichtet Teile der östlichen Altstadt im Bereich der heutigen Neuen Straße und Hafengasse, die danach geradlinig neu angelegt werden.
- 1796 – Friedrich von Bohnenberger tritt eine Stelle an der Sternwarte im Schloss an. Er baut später die erste württembergische Landesvermessung auf und erfindet u.a. das Gyroskop.
- 1798 – Johann Friedrich Cotta, der Verleger deutscher Klassiker wie Goethe und Schiller, Herder und Wieland, gründet in Tübingen die Allgemeine Zeitung, die in den folgenden Jahren zur führenden politischen Tageszeitung Deutschlands werden sollte. 1787 hatte er das 1659 gegründete Familienunternehmen, die „Cotta'sche Verlagsbuchhandlung“ übernommen.
1800 - 1945
- 1803 Umbau der Burse zur ersten Klinik.
- 1807 bis 1843 lebt Friedrich Hölderlin in Pflege im Hölderlinturm am Neckar.
- 1809 – Eröffnung des neuen, heute Alten Botanischen Gartens vor den Toren der Stadt
- 1809-16 – Wilhelm Hauff besucht die Schola anatolica, 1820-25 studiert er am E. Stift
- 1817 – Friedrich Silcher wird erster Universitätsmusikdirektor.
- 1822-26 – Eduard Mörike studiert im Ev. Stift
- 1841-1845 – Bau der Neuen Aula
- 1848/49 – Ludwig Uhland vertritt Tübingen als Abgeordneter in der Frankfurter Nationalversammlung.
- Ab Mitte des Jahrhunderts wächst die Stadt erstmals in größerem Umfang über die mittelalterlichen Grenzen hinaus, zunächst mit der rechtwinkligen "Wilhelmsvorstadt" im Norden
- 1861 – Anschluss an das Eisenbahnnetz durch Fertigstellung der Bahnlinie und im Jahr darauf des Bahnhofsgebäudes
- 1861 – Felix Hoppe-Seyler beginnt seine Tätigkeit in Tübingen. Er gilt als Begründer der Biochemie und Molekularbiologie und entdeckt den Blutfarbstoff Hämoglobin.
- 1869 – Friedrich Miescher entdeckt die Nukleinsäure.
- 1880er Jahre bis Erster Weltkrieg – Verstärkte Bautätigkeit, u.a. entstehen mehrere neue Kliniken (heute Bereich Talkliniken), viele Verbindungshäuser, vorwiegend auf Österberg und Schlossberg, sowie Baugebiete in der Süd- und Weststadt.
- 1885 – Ferdinand Braun gründet das Physikalische Institut.
- 1904 – Offizielle Zulassung von Frauen zum Studium an der Universität.
- 1909-1911 – Neckarkorrektion mit Bau des Stauwehrs. Die Neckarinsel, der Anlagensee und der dortige Park entstehen.
- 1914-1918 Erster Weltkrieg
- 1934 – Eingemeindung von Lustnau, Derendingen und Waldhausen
- 1935 – Durch die Deutsche Gemeindeordnung wird Tübingen zum Stadtkreis erklärt, bleibt aber innerhalb des Landkreises Tübingen, dessen Gebiet 1938 um den Kreis Rottenburg erheblich vergrößert wird.
- Zweiter Weltkrieg – Es gibt auch auf Tübingen Luftangriffe mit Bombenschäden, jedoch bleiben diese im Vergleich zu anderen Städten relativ gering.
- 1945 – Kriegsende - die Franzosen wählen Tübingen als Hauptquartier ihrer Besatzungszone.
1945 - heute
- 1946 – Tübingen wird Hauptstadt des Landes (ab 1949: Bundeslandes) Württemberg-Hohenzollern, bis dieses 1952 im neuen Land Baden-Württemberg aufgeht. Die Stadt ist „unmittelbare Kreisstadt“.
- 1952 – Tübingen wird Sitz des Regierungsbezirks Südwürttemberg-Hohenzollern, der bei der Gebietsreform zum 1. Januar 1973 in den Regierungsbezirk Tübingen überführt wird.
- 1950er-70er Jahre – Große Neubauviertel vor allem in der Nordstadt
- 1955 Bau der neuen Sternwarte an der Waldhäuser Straße
- 1956 – Tübingen wird Große Kreisstadt
- 1956 – Partnerschaft des späteren Ortsteils Kilchberg mit Kilchberg/Schweiz
- 1959 – Erste Städtepartnerschaft Tübingens mit der Schweizer Stadt Monthey. Es gibt bis heute elf Partnerschaften der Stadt und ihrer Ortsteile.
- 1960 – Größerer Umbau des Bahnhofsbereichs mit neuem Omnibusbahnhof (Europaplatz)
- 1961 – Ernst Bloch übersiedelt aus der DDR nach Tübingen.
- 1965 – Tübingen wird mit dem Europapreis für die hervorragenden Bemühungen um den europäischen Integrationsgedanken ausgezeichnet.
- 1966-69 – Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., ist Theologie-Professor an der Universität.
- 1971 bis 1974 – Durch die Eingliederung von acht Gemeinden erreicht das Stadtgebiet seine heutige Ausdehnung. Damit steigt die Einwohnerzahl von 54.000 auf 71.000 (2008: 85.000). Bei der 1973 durchgeführten Kreisreform erhält der Landkreis Tübingen ebenfalls seine heutige Ausdehnung.
- 1995 – Hans Küng initiiert und leitet bis 2013 die Stiftung Weltethos.
- 1995 – Tübingen wird in einem Ranking des Nachrichtenmagazins Focus zur lebenswertesten Stadt Deutschlands erklärt.
- 2000/2001 – Deutscher und Europäischer Städtebaupreis für die Tübinger Südstadtentwicklung
- 2008 – Tübinger Forscher entdecken sensationell auf der Schwäbischen Alb die kleine Figur der Venus vom Hohlen Fels, die sich als die bislang älteste figürliche Darstellung eines Menschen erweist. Mit bereits zuvor gefundenen Kleinplastiken wie Mammut und Urpferdchen gehört sie zu den ältesten bekannten Kunstgegenständen der Menschheit (z.T. im Schlossmuseum Tübingen: Eiszeit-Kunst).
Quellen, Weblinks
- Zunächst aus der Wikipedia-Seite zu Tübingen (Version 2007) übernommen - Dank an die Autoren - und erheblich ergänzt.
- Ausführliche Jahrestafeln und Beschreibungen sind in der Stadtchronik und den Stationen der Geschichte auf der Homepage der Stadt Tübingen zu finden, bei der Chronik der Freunde des Stadtmuseums (ab 1453), als Übersicht in der Kleinen Stadtchronik von W. Setzler sowie auf der Seite Eberhardina.de/Stadtgeschichte.
Universität
Tübingen ist - vielleicht vor allem anderen - eine Universitätsstadt - und das seit 1477. Es stellt sich die Frage:
Ist Tübingen eine Universität mit einer Stadt daneben?
Stimmen zu der Frage
Nein, denn die Existenz als Stadt ist noch deutlich älter als die Universität, und dank dem glücklichen Nahezu-Vollständig-Verschontwerden von den Kriegszerstörungen im 2. Weltkrieg hat Tübingen noch eine intakte Altstadt und macht mit seinen Vorstellungen von Stadt - siehe Stadtplanung im Französischen Viertel und Mühlenviertel - auch außeruniversitär von sich reden. Außerdem sind die Neckarfront und der Hölderlinturm aus meiner Sicht eher Wahrzeichen für Tübingen als die Gebäude der Universität als da wären: Alte Burse, Alte Aula, Neue Aula, Bonatzbau, Mensa Wilhelmstraße, Verbindungshäuser, Morgenstelle. --Abilus 10:25, 11. Feb. 2010 (CET)
- In den 50er Jahren hoffte man mit der Schaffung der neuen Unigebäude auf der Morgenstelle, die Uni von der Stadt abtrennen zu können - nach Vorbild der amerikanischen und modernen britischen Campus-Universitäten. Aber die Universität blieb, was sie immer war: eine "Stadtuniversität", wie Oberbürgermeister Eugen Schmid es so treffend formulierte.[1]
- Er sorgte später für Aufregung, als er in den 90er Jahren den Titel "Universitätsstadt" im städtischen Briefkopf entfernen ließ. Er erhoffte sich davon eine 'mentale Emanzipation' der Tübinger kommunalen Denkweisen. Die Reaktionen zeigten ihm allerdings, dass Teile der Universität empfindlich auf die neue Briefbogen-Gestaltung "Stadt Tübingen" reagierten. Auch musste er erfahren, dass die Änderung bei Gemeinderäten ebenso wie bei manchen Bürgern ähnliche Emotionen auslöste.[1]--EMPTy 21:52, 19. Nov. 2010 (CET)
Weinbau in Tübingen
Über Jahrhunderte war der Weinbau in Tübingen der wirtschaftlich bedeutendste Erwerbszweig der Bevölkerung. Die damaligen Weingärtner wurden als Gôgen bezeichnet und verspottet. Noch heute erzählt man sich sogenannte Gôgen-Witze, die besonders derb sind und das harte und beschwerliche Leben der damaligen Bevölkerung ausdrücken. Heute spielt der Weinbau in Tübingen nur noch eine geringe Rolle. Die Tübinger Weinlage Sonnenhalde zählt zum Bereich Oberer Neckar des Weinbaugebietes Württemberg. Seit 2004 gibt es wieder ein privates Weingut in der Stadt.
Garnison
Von 1875 bis 1991 war Tübingen Garnisonsstadt, ab 1945 durch französisches Militär. Die französischen Soldaten prägten das Stadtbild mit. Die Kasernen beanspruchten größere Teile des Stadtgebietes.
Weblinks
Literatur
- Tubingensia: Impulse zur Stadt- und Universitätsgeschichte. Festschrift für Wilfried Setzler zum 65. Geburtstag. Herausgegeben von Sönke Lorenz und Volker [Karl] Schäfer in Verbindung mit dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Universität Tübingen. Redaktion: Susanne Borgards. (Ostfildern:) Jan Thorbecke Verlag, 2008 (Tübinger Bausteine zur Landesgeschichte, 10). - 655, [I] S. - ISBN 978-3-7995-5510-4.
- Setzler, Wilfried: Kleine Tübinger Stadtgeschichte - 1. Aufl. - Tübingen: Silberburg, 2006
- Sydow, Jürgen: Geschichte der Stadt Tübingen, Band I, Tübingen: Laupp 1974
- Sydow, Jürgen: " , - Band II: Bilder zur Geschichte der Stadt Tübingen, Tübingen: Laupp 1974, 1980
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 Eugen Schmid im Gespräch mit Michael Seifert und Gabriele Förder: Eine Symbiose voller Spannungen - attempto! befragte den Tübinger Ex-Oberbürgermeister Dr. Eugen Schmid über das spezielle Verhältnis von Stadt und Universität, attempto! Nr. 8.